Sonderdruck aus IDR Industrie Diamanten Rundschau 30; Nr. 3; September 1996
Diamant-Seilsägetechnik im
Schatten des Kölner Doms
Bei Abbruch- und Änderungsarbeiten kommt der Diamant-Seilsägetechnik
eine besondere Bedeutung zu. Nicht nur die materialschonende und leise
Arbeitsweise, auch die Flexibilität und Schnelligkeit standen in der
Kölner Innenstadt im Vordergrund, wo eine Ziegelwand um einige Zentimeter
verdünnt werden mußte.
Der Einsatz von Diamantseilsägen in der Bauindustrie nimmt in dem
Maße zu, wie sich ihr Einsatzverhalten stabilisiert. Neben der
Fähigkeit harte Materialien schnell und präzise zu trennen, zeichnen
sie sich durch eine leise und besonders materialschonende Arbeitsweise aus.
Besonders geeignet ist diese Technologie, wenn man bei Umbauarbeiten die
vorhandene Gebäudesubstanz nicht beeinträchtigen will. Im Zuge von
Arbeiten an der Hauptverwaltung der Central Krankenversicherungs AG mußte
in der Kölner Innenstadt auch ein benachbartes Gebäude der Erweiterung
weichen. Trotz des schnellen Abrisses, verzögerte sich der
anschließende Baubeginn dennoch. Der Grund dafür ist
köln-spezifisch und in dem speziellen Baustil des späten 19.
Jahrhunderts begründet. Während dieser Zeit wurden neue
Wohnhäuser an bereits bestehende Gebäude gebaut. Ist dieses Verfahren
auf den ersten Blick nicht ungewöhnlich, so verwundert doch, daß das
neue Wohnhaus die Außenwand des bereits vorhandenen Hauses "mitnutzte",
also eine eigene Trennwand nicht angemauert wurde. Mag diese Vorgehensweise in
der damali- gen Zeit zeit- und kostensparend gewesen sein, so können an
dieser Trennwand bei unsachgemäßem Abriß eines der beiden
Häuser statische Probleme auftreten. Die Baufachleute stellten jedoch auch
schnell fest, daS die 50 cm dicke Ziegelmauer nicht lotrecht war und nach den
aus dieser Zeit vorliegenden Plänen die Wand einige Zentimeter zuweit in
das neue Fundament ragte. Da der Arbeitsumfang neben dem Anbetonieren einer 25
cm dicken Trennwand auch das Einbringen von Stahlpfeilern in das Fundament nahe
der vorhandenen Ziegelwand erforderlich machte, entschloß sich der Bauherr
dazu, die ca. 12 x 14 m² große Wand lotrecht um ein gewisses
Maß zu verdünnen.
Die mit dem Auftrag betraute Hermann Schützeichel GmbH, Straßenhaus,
entschied sich, wegen der Porösität des vorhandenen Materials und aus
statischen Gründen, für die Anwendung der
Diamant-Sägetechnologie.
Diamant-Seilsägetechnologie
Nach dem Einbringen von Führungsschnitten mit einem diamantbesetzten
Sägeblatt von 12 mm Breite und dem Abrunden der Ecken, wurden die
Seilsägearbeiten in Zusammenarbeit mit der Dia-G Kiel Diamantwerkzeuge GmbH
kurzfristig durchgeführt (Bild 1). Für diese Arbeiten wurde ein
Sägeseil der neuen Tl-Generation eingesetzt. Bei Sägeseilen
herkömmlicher Machart ist das synthetische Diamantkorn verstreut in den
metallgebundenen zylindrischen Röllchen eingebunden. Der Verschleiß
wird durch den Härtegrad der Bindung gesteuert. Für jedes zu
bearbeitende Material ist also beim herkömmlichen Seil immer eine andere
Spezifikation erforderlich. Wird die Bindung zu hart gewählt, wird das Seil
stumpf und schneidet nicht. Bei zu weicher Bindung ist der Verschleiß zu
hoch, das Seil nutzt sich binnen kürzester Zeit ab.
Im Gegensatz dazu wird bei der neuen Seilgeneration durch die gezielte
Positionierung des synthetischen Diamantkorns die größtmögliche
Konzentration auf den patentierten und ergonomisch geformten Röllchen
erreicht, ohne das die Schnittfreudigkeit verringert wird. Der dichte
Diamantbelag arbeitet unabhängig von der Abrasivität des zu
schneidende Materials und bildet gleichzeitig die eigene Panzerung gegen
frühzeitigen Verschleiß. Eingesetzt wurde in diesem Fall ein 57 m
langes Sägeseil, das von einer 40 kW Antriebseinheit vom Typ Pellegrini
TDV-55 betrieben wurde. Das Sägeseil selbst hatte bereits ein Arbeitsumfang
von 2 m²/Ifm Seil hinter sich. Die konischen Röllchen mit Durchmesser
10,2 mm enthielten synthetischen Diamant der Korngröße 40/50 US-mesh
in galvanischer Bindung.
Als Stellgröße wurde eine Umfangsgeschwindigkeit von 22 m/min
gewählt und manuell gesteuert. Die Antriebseinheit mit einer
Leistungsaufnahme von 30 A wurde im Rahmen des Sägefortschritts auf einer
Schiene verfahren, um die Seilspannung konstant zu halten. An der Wand
angebrachte Wasserlanzen sorgten für eine konstante Wasserzufuhr. Im Zuge
der Sägearbeiten wurden neben den in Kalkmörtel gemauerten Ziegeln
auch die Stützanker der benachbarten Wand nach und nach getrennt und
ersetzt. Wegen des nicht lotrechten Aufbaus der Wand schwankte die Schnittiefe
zwischen 8 und 18 cm (Bild 2).
Problematisch war, das während des Trennvorganges loses Mauerwerk und
Mörtelteile in die Schnittfuge gespült wurde und es so zu einem
Festsitz des Sägeseils kam.
Die vorgegebene maximale Abweichung von der Lotrechten von 2 cm wurde nach
Beendigung der Arbeiten nicht überschritten. Die Schnittleistung des
Sägeseils war trotz des hochabrasiven Untergrundes, der die
Diamantröllchen außergewöhnlich belastete (Bild 3) mit 26
m²/h relativ hoch, so daß die weiteren Arbeiten planmäßig
und ohne Verzögerung fortgesetzt werden konnten.
Klaus Schützeichel ist Geschäftsführer der Hermann
Schützeichel GmbH, Straßenhaus.